Presse-Meldung vom 30.07.2016

Verfasser Presseorgan Rubrik
Anja Raschke Volksstimme Worte aus der Kirche

Ich war das nicht!

Neulich habe ich meinen Autoschlüssel gesucht. Ich hatte es eilig, denn ich musste zur Arbeit. Wiedermal würde ich zu spät zu meiner Fahrgemeinschaft kommen. Ich durchsuchte meine Handtasche, kippte sie aus, schaute in den kleinen Taschen, die ich zur besseren �bersicht thematisch befüllt in meiner Handtasche rumtrage, nach. Doch nichts. Wenn er nicht am Schlüsselbrett und auch nicht in meiner Handtasche war, dann konnte nur noch einer schuld an der Misere sein. Mein Mann! �berzeugt davon, den Schlüssel unbedacht auf den Schuhschrank gelegt zu haben, unterstellte ich ihm einen übersteigerten Ordnungssinn, den ich mir in seinem Arbeitszimmer nur so wünschen würde. So in etwa brachte ich das auch an den Mann, gepaart mit einer guten Mischung an Funken, die aus meinen Augen sprühten und einem Ton, der das ganze Ausma� meines Unverständnisses zum Ausdruck brachte. Seine verstörte Reaktion darauf und die Beteuerung, er habe den Schlüssel nicht einmal gesehen, brachten mich jedoch nicht zur Einsicht, sondern trieben meinen Puls nur noch mehr in die Höhe. Ich war doch gerade so schön in Fahrt, hatte den Schuldigen gefunden, abbremsen war da nicht. Nachdem ich hastig die Zimmer durchsucht hatte, nahm ich mir meine Handtasche ein zweites Mal vor. Da, ganz unten, in einer der kleinen Taschen blitzte es silbern. Da war er. Mist! Ich war über das Ziel hinausgeschossen, ungerecht und verletzend.

In solche Situationen bringen wir uns. Wir sind Menschen und benehmen uns manchmal schlecht, verletzen einander und haben das eigene Wohl mehr im Blick als das des anderen.
Und dann? Kommt dann die Scham, das schlechte Gewissen, Reue? Können wir unser Fehlverhalten eingestehen, uns entschuldigen und um Vergebung bitten? Oder meldet sich in uns vielmehr die Selbstherrlichkeit, machen wir keine Fehler, und wenn, dann geben wir sie nicht zu?

Wie ist es in meiner Beziehung zu Gott? Gestehe ich mir ein, dass mein Verhalten oft genug enttäuschend ist, dass ich ein Sünder bin? Wei� ich, dass meine Sünde vergeben werden kann?

In der Bibel steht: "Wenn wir behaupten, ohne Sünde zu sein, betrügen wir uns selbst und verschlie�en uns der Wahrheit. Doch wenn wir unsere Sünden bekennen, erweist Gott sich als treu und gerecht: Er vergibt uns unsere Sünden und reinigt uns von allem Unrecht, das wir begangen haben." (1. Johannes 1, 8-9)
Dieses Versprechen lässt mich aufatmen. Ich muss nicht verzweifeln, weil ich nicht perfekt bin. Ich brauche keinen Schuldigen suchen, damit ich meine Unzulänglichkeiten vertusche. Ich darf Fehler zugeben. Das ist keine Pflicht, sondern ein Recht. Es ist keine Schwäche, sondern Stärke.